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Mehr Achtsamkeit im Firmenalltag und Home-Office - Interview mit Ramona Mosig von Zeit und Stille
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23.04.2021
Ramona Mosig ist Achtsamkeitslehrerin und bietet neben Kursen für Privatpersonen auch Achtsamkeitstrainings für Unternehmen an. Wir haben mit ihr über das „Trend“-Thema Achtsamkeit gesprochen, das in Zeiten von Informationsüberfluss enorm an Bedeutung gewonnen hat, und geben Tipps und Tricks, wie man mit gezielten Achtsamkeitsübungen stressfreier und fokussierter durch den Arbeitsalltag kommt.
Liebe Ramona, erzähl doch bitte, wie du Achtsamkeitslehrerin geworden bist, was hat dich dazu bewegt?
Ich bin schon lange im sozialen Bereich als Sozialarbeiterin und Erzieherin tätig. Zum Thema Achtsamkeit kam ich aus privaten Gründen, als mein Sohn noch klein war und ich privaten und beruflichen Belastungen ausgesetzt war. Dies zeigte sich bei mir in Stresssymptomen: ich wurde im Alltag immer schneller und hektischer. Anstatt zur Ruhe zu kommen, habe ich mein Tempo immer weiter erhöht und konnte dadurch abends schwer abschalten und runterkommen.
Als Reaktion darauf entschied ich mich irgendwann, einen MBSR-Kurs zu belegen. MBSR steht für „Mindfulness-Based Stress Reduction“ also für Stressreduktion durch Achtsamkeit.
Nachdem ich den Kurs belegt hatte, und ich in meinem Leben dadurch sehr große Veränderungen wahrnahm, habe ich eine berufsbegleitende Weiterbildung als MBSR-Lehrerin begonnen. Nach erfolgreichem Abschluss der Weiterbildung begann ich, die Trainings auch für TeilnehmerInnen und KlientInnen in meiner Tätigkeit als Sozialarbeiterin anzubieten. Im Laufe der Zeit gewann das Thema Achtsamkeit in meinem Beruf immer mehr an Bedeutung und ich entschied mich vor einigen Jahren dazu, mich mit dem Thema selbstständig zu machen.
Was bedeutet für dich Achtsamkeit?
Achtsamkeit bedeutet für mich, eine Präsenz im gegenwärtigen Moment zu haben. Zum Beispiel: Wenn wir jetzt dieses Interview führen, dann bin ich präsent im Moment: Ich sehe dich, höre dir zu und fokussiere meine Gedanken auf das Gespräch. Durch gezielte Übungen gelingt es mir, mich auf den Moment zu fokussieren und während einer Tätigkeit nicht mit den Gedanken bei etwas Anderem zu sein. Wenn ich mich dabei erwische, mit den Gedanken woanders zu sein, dann nehme ich dieses „Abschweifen“ bewusst wahr, verurteile mich aber nicht für meine Unaufmerksamkeit, sondern erinnere mich wieder daran, meine Aufmerksamkeit ins Hier und Jetzt zu bringen.
Wir erleben alle, dass ständiges Gedanken kreisen lassen, ständiges Nachdenken müssen sehr energiezehrend sein kann. Das gezielte „Da-Sein“ und das bewusste Fokussieren und Annehmen einer Tätigkeit im jetzigen Moment sorgt dafür, dass ich mich weniger gestresst fühle.
Des Weiteren nehme ich bewusst wahr, wie es mir gerade geht: Bin ich angespannt? Was ist bei mir körperlich gerade präsent? Habe ich irgendwo Verspannungen oder Schmerzen? Hier geht es darum, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, was gerade im Körper passiert. Diese körperliche Reflektion hilft dabei wahrzunehmen, was ich gerade brauche: Brauche ich eine kurze Pause? Möchte ich kurz etwas trinken? Bin ich durch ein Gespräch oder eine Tätigkeit momentan zu sehr beansprucht? Das Reflektieren der Situation hilft uns, für kommende Situationen dazuzulernen und nicht über die eigenen Grenzen zu gehen.
Achtsamkeit hat viel mit Selbstfürsorge und Selbstverantwortung zu tun. Der gesellschaftliche Druck gibt einem das Gefühl, immer funktionieren zu müssen und sehr belastbar sein zu müssen. Dabei darf man jedoch sich selbst und seine eigenen Bedürfnisse nicht vergessen. Wir alle können für einen bestimmten individuellen Zeitraum stressigen Situationen, Lebensumständen Stand halten, wenn wir uns immer die Möglichkeit einräumen, innezuhalten und zu entspannen.
Wie arbeitest du als Achtsamkeitstrainerin mit Unternehmen zusammen?
Für Unternehmen biete ich Schulungen und Kurse an, in denen wir individuell mit dem jeweiligen Unternehmen die vorherrschenden Themen und Abläufe anschauen und überlegen, an welchen Stellen mehr Achtsamkeit für Mitarbeiter nützlich sein könnte.
Unternehmen haben meist vorgefertigte Strukturen, sei es die Arbeitszeit oder die Menge der Aufgaben, die die Mitarbeiter*in zu erledigen hat. Oftmals ist es einem als Mitarbeiter*in nicht möglich, daran etwas zu ändern. Alleine sich darüber bewusst zu werden, ist sehr wichtig. In diesem Spannungsfeld kann die Achtsamkeitspraxis ein wenig Gelassenheit mit hineinbringen. Sich bewusst zu werden, wann ist schnelles Handeln, zügige Umsetzung notwendig und wann lasse ich mich vielleicht auch von einer Dynamik mitreißen, die nicht immer zielführend sein muss. Kurze Atemübungen, achtsame Kommunikation, ein achtsamer Umgang mit Fehlern, Ideen und eine bewusste Kultivierung der Pausen sind einige der Bereiche, die ich in Unternehmen implementiere.
Wichtig ist mir hierbei, dass Achtsamkeit nicht als Leistungsoptimierungsprogramm dient, sondern ein Weg ist, mitarbeiterorientierter und dabei meist erfolgreicher Arbeitsprozesse zu verändern.
Welche Basisübungen würdest du für mehr Achtsamkeit auf dem Arbeitsplatz empfehlen?
Schulung der Präsenz: Egal welcher Tätigkeit man nachgeht, man soll dies mit seiner vollen Aufmerksamkeit machen. Auch unliebsame Aufgaben sollen mit der gleichen Aufmerksamkeit erledigt werden. Dadurch ist es möglich, sich in der Handlung durch Achtsamkeit entspannen zu können.
Schulung des Bewusstseins: Rituale einbauen, gleich, wenn man auf der Arbeit ankommt. Z.B. erstmal bewusst am Schreibtisch ankommen, sich einen Tee machen oder ein Wasser holen und dann sich selber sagen: „Jetzt beginne ich mit der Arbeit.“ So vermeiden wir, dass wir zwischen Tür und Angel Arbeitsangelegenheiten regeln und so unter Stress kommen, bevor wir mit der tatsächlichen Arbeit beginnen.
To-Do-Listen: Listen erstellen wahrscheinlich die meisten. Bei der Erstellung von To-Do-Listen, ich nenne meine Liste: To like-Liste, ist es jedoch wichtig, die To-Do’s zu strukturieren und zu priorisieren: Was hat noch Zeit? Was ist dringend? Was wäre auch mal schön?
Festlegen von Zeitslots: Am Arbeitsplatz ist es sinnvoll, sich zeitliche Fenster festzulegen, in welchen beispielsweise E-Mails oder das Handy gecheckt werden. Zudem kann es auch manchmal unterstützend sein, das Handy in der Tasche oder Schublade zu verstauen.
Bewusste Pausen: Wenn eine Aufgabe erledigt ist, sollte man sich nicht direkt in die nächste stürzen, sondern sich bewusst 1-3 Minuten Pause gönnen. In der Zeit kann man kurz vom Schreibtisch weggehen und innehalten. Vor allem sollte man sich bewusstwerden, dass man etwas geschafft hat. Vielleicht auch kurz ans Fenster stehen, bewusst einen tiefen, frischen Atemzug nehmen, Wolken betrachten usw.
Bewusstsein für den Körper: Zwischen den Tätigkeiten kurz aufzustehen und sich zu strecken ist sehr sinnvoll. Das ist ein sehr banaler Tipp, aber wir tun es oft nicht. Hier ist es wichtig, nicht über Schmerzen hinweg zu arbeiten, wenn einem etwas wehtut. Stattdessen sollte man Mini-Übungen machen, die einem guttun: Die Schultern lockern oder Atemübungen machen.
Nun sind viele Beschäftigte schon seit längerem im Homeoffice und versuchen das Private mit dem Geschäftlichen so gut wie möglich zu vereinbaren. Wie können wir in solchen langanhaltend stressigen Situationen achtsam mit uns umgehen?
Wochenpläne: Gemeinsam erstellte Wochenpläne können unheimlich entzerren. Auch wenn es mit Aufwand und Energie verbunden ist - Planung ist hier das A&O. Als Eltern ist es beispielsweise wichtig, die Zuständigkeiten zu klären: Wenn man weiß, dass der Partner für die nächsten drei Stunden der Ansprechpartner für die Kinder ist, sorgt dies für ein präsenteres und bewussteres Arbeiten. Auch sollte man die Kinder in das Planungsgespräch einbeziehen. Hierzu gehören auch Dinge wie: wer kocht wann, wer kauft ein, usw. Oftmals ergibt es auch Sinn, die Bereiche grundsätzlich aufzuteilen. Einer ist der/die Wäschebeauftragte, der andere der/die Einkaufsbeauftragte, Müllbeauftragte usw. Der Schlüssel ist dabei die ehrliche und stete Kommunikation.
Bewusste Pausen machen: Man sollte nicht nahtlos von einer Beschäftigung in die andere übergehen. Stattdessen sollte man sich die Frage stellen: Wie schaffe ich es, eine kleine Pause in meinen Alltag einzubauen? Das kann beispielsweise die kurze Pause auf dem Weg zur Kita, wenn sie geöffnet haben sollte, oder der Weg vom Bad zur Küche sein. Auch zu Hause kann achtsames Gehen praktiziert werden. Pausen auch immer als Nichts-Tun definieren. Einfach mit dem Kaffee und dem Getränk für die Kinder in der Küche oder dem Balkon stehen, bisschen plaudern. Pausen sind nicht nur für einen persönlich gut, sondern auch für das Umfeld; Kinder oder der/die Partner*in fühlen sich gesehen und wahrgenommen.
Feste Arbeitszeiten und gezieltes Zeitmanagement: Wenn Feierabend ist, dann sollte man auch wirklich Feierabend machen. Nicht mehr auf E-Mails schauen und keine Anrufe mehr entgegennehmen. Stattdessen sollte man sich eine To-Do-Liste für den nächsten Tag machen und dann bewusst die Unterlagen wegpacken. Dabei wird die Achtsamkeit flankiert von Mitgefühl mit sich selbst. „Ich habe vielleicht nicht alles geschafft, was ich mir für heute vorgenommen hatte, aber das ist okay“. Das bedeutet, man soll nicht darauf schauen, was man nicht geschafft hat oder was man noch hätte machen können, sondern sich sagen: „Ich habe viel gearbeitet und kann zufrieden mit dem sein, was ich geschafft habe“. Das Mitgefühl zu sich selbst verändert langfristig die eigene Haltung: Man rennt nicht mehr einem Idealbild von sich selbst hinterher, welches immer mehr schafft und alles perfekt abarbeitet, sondern man realisiert, dass man im Moment viel auf die Reihe kriegt und das so in Ordnung ist. Es geht darum, nicht immer alles, was wir tun oder hätten tun sollen, kritisch zu sehen.
Bewusst in die Freizeit starten: Bewusst einen Schlussstrich ziehen und dann das machen, was einem gut tut: Sport, Freunde anrufen oder mit den Kindern spielen. Wenn man alleine wohnt: Soziale Kontakte aufrechterhalten, sei es über Videokonferenzen oder bei einem Spaziergang.
Sich an den Bedürfnissen der eigenen Familie orientieren. Wir neigen sehr dazu uns mit anderen zu vergleichen und dies führt oftmals zu einer Erwartungshaltung und noch mehr Druck. Was jedoch in einer Familie möglich ist und gut funktioniert, muss nicht zur eigenen Familie passen. Deshalb gehört für mich zu einem achtsamen Leben auch das Wahrnehmen und Umsetzen der Bedürfnisse innerhalb der eigenen Familie. Dies gelingt auch wieder mit achtsamen Zuhören und Sprechen, damit sich jedes Familienmitglied traut, seine Bedürfnisse anzusprechen.
Ansprüche runterschrauben: Wir befinden uns in einer Ausnahmesituation. Die aktuelle Zeit ist für uns alle kräftezehrend und kostet immens Energie. Daher sollte man sich vor Augen halten, dass das, was man gerade erledigt, genug ist. Es muss nicht immer alles perfekt laufen. Das Loslassen von dieser Perfektion schafft uns Freiräume.
Liebe Ramona, vielen herzlichen Dank für deine hilfreichen Tipps für mehr Achtsamkeit im Berufsalltag!
Mehr Informationen über Ramona Mosig und ihre Achtsamkeitscoachings finden Sie auf ihrer Homepage
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